Florian Thate (*1982 in Konstanz) hat die Klasse Kühn im Sommersemester 2019 in diversen künstlerischen Projekten und in der Lehre begleitet.
Von 2015-17 hat Florian Thate in der Schweiz studiert und mit dem Master of Arts in Fine Arts, FHNW, Nordwestschweiz, bei Prof. Chus Martinez, Prof. Renée Levi, Nicolas Kerksieck, Dr. Roman Kurzmeyer das Studium abgeschlossen. In 2018 wurde er mit dem Atelier Mondial Stipendium, Cité Paris ausgezeichnet und hat zahlreich ausgestellt: 2021 PEAC Freiburg, 2018 Cité internationales des Arts, Paris, 2020 Regionale 21 Kunsthaus Baselland, Schweiz
Eveline Weber, PEAC Museum Freiburg schreibt:
Die seit 2016 entstandenen Arbeiten der Serien „Abrieb“ sowie „City Walk“ sind gar nicht ohne weiteres visuell in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Erstmals findet Florian Thate in der Ausstellung „Spurensuche“ (PEAC Museum, 2021) eine Form, die über 2500 Arbeiten seines sich fortwährend erweiternden Hauptwerks zu präsentieren.
Die Suche an sich stellt innerhalb dieser Serien einerseits eine Voraussetzung und andererseits einen festen Bestandteil seiner künstlerischen Arbeit dar. Denn Florian Thate unternimmt wöchentlich sogenannte Walks – Wanderungen durch die Natur der Schwarzwaldregion, mitunter bis zu 15 Stunden am Stück. Er tut dies nicht um selbst Spuren zu hinterlassen, sondern sucht währenddessen wie ein Schatzsucher wachen Auges nach Spuren, die einst jemand anderes in Form von Gegenständen hinterlassen hat. Ob aus Versehen verloren oder bewusst und achtlos weggeworfen, spürt er bei diesem Prozess Dinge auf, die die meisten Menschen vermutlich übersehen würden: Bruchstücke bemalter Steine, rostige Metallteile, Schrauben, Münzen oder Plastikteile wie Fahrradreflektoren. Diese Fundstücke verwendet Florian Thate als Tools, übersetzt Werkzeuge, um mit ihnen im Atelier Pappelholzplatten im immer gleichen, annähernd Din A5 großen Format zu bearbeiten. Wie schon die Beschreibung der Fundstücke erahnen lässt, besteht dieses Bearbeiten aus Einritzen, Gravieren, Schraffieren, Einreiben – aus einem sich geradezu in die Oberfläche des Bildträgers Hineinarbeiten. Durch die meist in vertikaler Richtung verlaufenden Bewegungen der Künstlerhand wird die weiße Grundierung abgetragen und ein Relief aus tiefen Spuren der Tools sichtbar. Der Akt dieser Bildentstehung ist für Florian Thate stets eine bewusst körperbasierte sowie -betonte Handlung: Je nach Werkzeug geht das Bearbeiten der Pappelholzplatten mal sehr kraftaufwendig, mal leichter von der Hand – so wie er bereits während seiner Walks in unberührter Natur seine eigenen körperlichen Grenzen auszuloten vermag.
Während seiner „City Walks“, den so genannnten Stadtwanderungen, führt es Florian Thate durch Städte wie Freiburg, Paris oder zuletzt Florenz. Dort findet er Tools die im Vergleich zu den bisher beschriebenen Fundstücken eine eindeutige, man möchte sagen zivilisatorische, Funktion besaßen, als Kugelschreiber, Grafit- und Filzstifte, aber auch Bruchstücke bemalter Markierungssteine. Durch ihren Einsatz entstand ein farbenreiches Gesamtbild aus hunderten von bemalten Holztafeln. Spätestens hier fällt auf, dass Florian Thates auf sich wiederholenden Bewegungen basierende Arbeitsweise im bildnerischen Resultat mehr als lebendig ist: Keines der so entstandenen Bilder ist mit dem nächsten identisch. Neben vielen Bunttönen erkennen wir immer wieder verschiedenste Nuancen der Farbe Blau, die Standardfarbe des Kugelschreibers. Da aber auch hier die Spuren auf den Bildträgern weniger durch ein Bezeichnen oder Bemalen als vielmehr durch Eingravieren und Einritzen entstanden sind, hält das Werkzeug jenem Gebrauch nicht immer bis zum Ende, dem unteren Bildrand stand. Vielmehr kommt die Farbgebung immer wieder abrupt zum Erliegen. Die Spuren entstehen so lange, wie das jeweilige Tool dazu Farbe abgibt. Ist ein gefundener Stift von vorneherein leer, wird mit der bloßen Hülse gemalt. Und selbst der Bruch eines Stiftes führt nicht zum Ende des Malvorgangs, sondern dieser wird zwingend mit dem verbliebenen, abgenutzten Rest des Tools weitergeführt. Das so entstandene Bild wird also stets von den vorhandenen Ressourcen, von der Ergiebigkeit des Malmaterials sowie der körperlichen Kraft des Künstlers bestimmt.
Die Werkzeuge, die in diesem Prozess der (Ab)nutzung eine besondere Ästhetik erfahren und selbst noch einmal geformt werden, definiert Florian Thate konsequenterweise inzwischen ebenfalls als eigenständige Werkgruppe. Und während Florian Thate bei den Walks allein im fortwährenden Gehen, Suchen und Sammeln Zeit als Maß in der Bewegung erfährt, können später die Tafeln und Werkzeuge, als Träger bzw. Verursacher von Spuren, den Betrachtenden diese abstrakte Einheit Zeit, ihr Verlauf, ihr Vergehen, und unzählige weitere Details, das Einzigartige im großen Ganzen wahrnehmbar werden lassen.
Florian Thate (*1982 in Konstanz) hat die Klasse Kühn im Sommersemester 2019 in diversen künstlerischen Projekten und in der Lehre begleitet.
Von 2015-17 hat Florian Thate in der Schweiz studiert und mit dem Master of Arts in Fine Arts, FHNW, Nordwestschweiz, bei Prof. Chus Martinez, Prof. Renée Levi, Nicolas Kerksieck, Dr. Roman Kurzmeyer das Studium abgeschlossen. In 2018 wurde er mit dem Atelier Mondial Stipendium, Cité Paris ausgezeichnet und hat zahlreich ausgestellt: 2021 PEAC Freiburg, 2018 Cité internationales des Arts, Paris, 2020 Regionale 21 Kunsthaus Baselland, Schweiz
Eveline Weber, PEAC Museum Freiburg schreibt:
Die seit 2016 entstandenen Arbeiten der Serien „Abrieb“ sowie „City Walk“ sind gar nicht ohne weiteres visuell in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Erstmals findet Florian Thate in der Ausstellung „Spurensuche“ (PEAC Museum, 2021) eine Form, die über 2500 Arbeiten seines sich fortwährend erweiternden Hauptwerks zu präsentieren.
Die Suche an sich stellt innerhalb dieser Serien einerseits eine Voraussetzung und andererseits einen festen Bestandteil seiner künstlerischen Arbeit dar. Denn Florian Thate unternimmt wöchentlich sogenannte Walks – Wanderungen durch die Natur der Schwarzwaldregion, mitunter bis zu 15 Stunden am Stück. Er tut dies nicht um selbst Spuren zu hinterlassen, sondern sucht währenddessen wie ein Schatzsucher wachen Auges nach Spuren, die einst jemand anderes in Form von Gegenständen hinterlassen hat. Ob aus Versehen verloren oder bewusst und achtlos weggeworfen, spürt er bei diesem Prozess Dinge auf, die die meisten Menschen vermutlich übersehen würden: Bruchstücke bemalter Steine, rostige Metallteile, Schrauben, Münzen oder Plastikteile wie Fahrradreflektoren. Diese Fundstücke verwendet Florian Thate als Tools, übersetzt Werkzeuge, um mit ihnen im Atelier Pappelholzplatten im immer gleichen, annähernd Din A5 großen Format zu bearbeiten. Wie schon die Beschreibung der Fundstücke erahnen lässt, besteht dieses Bearbeiten aus Einritzen, Gravieren, Schraffieren, Einreiben – aus einem sich geradezu in die Oberfläche des Bildträgers Hineinarbeiten. Durch die meist in vertikaler Richtung verlaufenden Bewegungen der Künstlerhand wird die weiße Grundierung abgetragen und ein Relief aus tiefen Spuren der Tools sichtbar. Der Akt dieser Bildentstehung ist für Florian Thate stets eine bewusst körperbasierte sowie -betonte Handlung: Je nach Werkzeug geht das Bearbeiten der Pappelholzplatten mal sehr kraftaufwendig, mal leichter von der Hand – so wie er bereits während seiner Walks in unberührter Natur seine eigenen körperlichen Grenzen auszuloten vermag.
Während seiner „City Walks“, den so genannnten Stadtwanderungen, führt es Florian Thate durch Städte wie Freiburg, Paris oder zuletzt Florenz. Dort findet er Tools die im Vergleich zu den bisher beschriebenen Fundstücken eine eindeutige, man möchte sagen zivilisatorische, Funktion besaßen, als Kugelschreiber, Grafit- und Filzstifte, aber auch Bruchstücke bemalter Markierungssteine. Durch ihren Einsatz entstand ein farbenreiches Gesamtbild aus hunderten von bemalten Holztafeln. Spätestens hier fällt auf, dass Florian Thates auf sich wiederholenden Bewegungen basierende Arbeitsweise im bildnerischen Resultat mehr als lebendig ist: Keines der so entstandenen Bilder ist mit dem nächsten identisch. Neben vielen Bunttönen erkennen wir immer wieder verschiedenste Nuancen der Farbe Blau, die Standardfarbe des Kugelschreibers. Da aber auch hier die Spuren auf den Bildträgern weniger durch ein Bezeichnen oder Bemalen als vielmehr durch Eingravieren und Einritzen entstanden sind, hält das Werkzeug jenem Gebrauch nicht immer bis zum Ende, dem unteren Bildrand stand. Vielmehr kommt die Farbgebung immer wieder abrupt zum Erliegen. Die Spuren entstehen so lange, wie das jeweilige Tool dazu Farbe abgibt. Ist ein gefundener Stift von vorneherein leer, wird mit der bloßen Hülse gemalt. Und selbst der Bruch eines Stiftes führt nicht zum Ende des Malvorgangs, sondern dieser wird zwingend mit dem verbliebenen, abgenutzten Rest des Tools weitergeführt. Das so entstandene Bild wird also stets von den vorhandenen Ressourcen, von der Ergiebigkeit des Malmaterials sowie der körperlichen Kraft des Künstlers bestimmt.
Die Werkzeuge, die in diesem Prozess der (Ab)nutzung eine besondere Ästhetik erfahren und selbst noch einmal geformt werden, definiert Florian Thate konsequenterweise inzwischen ebenfalls als eigenständige Werkgruppe. Und während Florian Thate bei den Walks allein im fortwährenden Gehen, Suchen und Sammeln Zeit als Maß in der Bewegung erfährt, können später die Tafeln und Werkzeuge, als Träger bzw. Verursacher von Spuren, den Betrachtenden diese abstrakte Einheit Zeit, ihr Verlauf, ihr Vergehen, und unzählige weitere Details, das Einzigartige im großen Ganzen wahrnehmbar werden lassen.